Am 14. Oktober 1906 in Hannover geboren, wuchs die Philosophin Hannah Arendt in Königsberg auf. Vom Geist der Aufklärung an diesem Wohn- und Schaffensort von Immanuel Kant geprägt, nutzte die junge Hannah bereits früh die Literatur in der elterlichen Bibliothek, lernte Griechisch und Latein und entdeckte ihre eigene Freude am Philosophieren.

Seit der ersten Wahl Donald Trumps zum 45. US-Präsidenten im Jahr 2017 erlangte Hannah Arendt wieder neue Popularität. Ihre Betrachtungen über Wahrheit, Meinungen und Lügen erschienen aktueller denn je. Die Frage, ob in der Politik die Lüge dominiert, hätten Journalisten auf aller Welt sicherlich gerne mit der freiheitsliebenden Denkerin diskutiert. Arendt betrachtet die Lüge als rhetorisches Instrument, dessen sich zeitgeschichtlich alle Tyrannen bedienten. Lügen gehört also zur Politik dazu, diese Meinung vertreten viele – und glauben wir das nicht längst alle selbst? Doch geht damit die Wahrheit verloren?

Arendts Appell an die „Mühen des Denkens“, das sie immer „ohne Geländer“, als eine Art Prozess der Selbstrevision, verstanden wissen möchte, ist damals wie heute eine Aufforderung, für die Freiheit einzustehen. Und dabei die Suche nach einer Wahrheit nicht aufzugeben. Philosophisch betrachtet, liegt gerade in dieser Wahrheitssuche die über 2.500-jährige westliche Tradition des Denkens, wenn man diese Zeitrechnung bei Sophokles beginnt, der als der ewig (und manchmal nervig) Fragende in die Philosophiegeschichte einging.

Denken als Wagnis und als die Bereitschaft, die Gefahr des Widerspruchs gegenüber dem vorher Gesagten einzugehen, damit lässt sich wohl das „Denken ohne Geländer“ beschreiben. Es hat nichts gemein mit der absichtsvollen und zur Manipulation anderer Menschen verwendeten Lüge, die diese trügerisch auf einen falschen Pfad führen und zum Zwecke der eigenen Machtausübung beeinflussen will.

Anlässlich ihres 50. Todestages am 4. Dezember 2025 porträtiert ein neuer amerikanischer Dokumentarfilm Leben und Werk der Philosophin. Nach ihrer Ausbürgerung durch die Nazis 1937 war sie staatenlos geworden, bevor sie 1941 in die USA floh und sich dort 1951 einbürgern ließ.

Der Film „Hannah Arendt – Denken ist gefährlich“ von Chana Gazit, Maia E. Harris (und Jeff Bieber, Sabine Krayenbühl Saunders) ermöglicht eine Auseinandersetzung mit Hannah Arendt anhand ihrer eigenen Aussagen und seltener Archivaufnahmen, um ihr eigenes Denken und ihren Kampf für freies Denken aller Menschen zu beleuchten.

Im Rahmen des Kunstprojekts „Zweihundert“, welches gegen die Unterdrückung der Sprache und somit des Denkens sensibilisieren soll, zeigt das Odeon-Apollo-Kinocenter in Koblenz den Film am 19. Oktober 2025 um 11.00 Uhr mit einer Einführung durch Beatrix Sieben (ISSO-Institut), verbunden mit der Sprach-Performance „Trumps Rote Liste“.

Ein weiterer Filmtipp in Bildern ist in der 3sat Mediathek noch bis zum 17. Dezember 2025 zu sehen: „Hannah Arendt – Denken ist gefährlich“

Aufzeichnung Veranstaltung ISSO-Institut: Denken ohne Geländer vom 01. Juni 2021

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner