Biodiversität sichert das Überleben von Pflanzen- und Tierarten, von denen viele für uns Menschen von Bedeutung sind, sei es als Nahrung, als Medizin oder als Teil unserer Kultur.

Biodiversität ist die Grundlage für ein gesundes Ökosystem und für die Erhaltung von Artenvielfalt.

Biodiversität ist eine der planetaren Grenzen, bei denen ein dringender Handlungsbedarf besteht, wenn es darum geht, den Klimawandel ernst zu nehmen und ihm etwas entgegenzusetzen.

Bild: canva.com

Es ist allerdings fraglich, wie viele Menschen diese teilweise komplexen Zusammenhänge durchschauen und die sich daraus ableitenden Fragestellungen und Herausforderungen erkennen. Es geht dabei um Zusammenhänge zwischen Artenerhalt, Landwirtschaft, Produktionsroutinen und nicht zuletzt auch um Konsum- und Ernährungsverhalten. Es gibt viele Informationen dazu, aber ob sie uns so erreichen, dass wir Konsequenzen daraus ziehen, ist fraglich – und in der Folge ist Aktivwerden deshalb auch nicht für jedermann selbstverständlich.

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH beschäftigt sich mit sehr unterschiedlichen Fragestellungen, die im Hinblick auf unsere Zukunft relevant sind. Ernährung ist eines der Themenfelder, in denen dort auch anwendungsorientiert geforscht wird. Gerade deshalb, weil wenig darüber bekannt ist, inwieweit Verbraucher*innen bereit sind, für Produkte höhere Preise zu zahlen, wenn dadurch die Biodiversität erhalten und geschützt werden kann.

Zahlungsbereitschaft erhöht sich, wenn das Ökosystem geschont wird

In einer Studie untersuchten Forschende „in einem experimentellen Umfrageformat repräsentative Daten von 524 deutschen Verbraucher*innen: Basierend auf der Prospect Theory wurde untersucht, wie die Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Produkt von Informationen zu dessen Beitrag zur Biodiversität beeinflusst wird. Dabei konnte eine spezifische Reaktionskurve ermittelt werden, die abbildet, wie sich die Zahlungsbereitschaft in Abhängigkeit von der wahrgenommenen Biodiversitätsleistung verändert.“

Bild: openAi

Die hier zitierte Prospect Theory beschreibt, wie Entscheidungen in Unsicherheitsszenarien getroffen werden und in welcher Weise angestrebte Gewinne und erduldete Verluste die Entscheidungsfindung beeinflussen. Von Daniel Kahneman und Amos Tversky in den 1970er-Jahren entwickelt, gilt die Prospect Theory heute als eine wichtige Entwicklung in der Verhaltensökonomie und hat zu einem tieferen Verständnis menschlichen Entscheidungsverhaltens beigetragen.

Das Forscherteam konnte aufzeigen, dass Verbraucher*innen mit einem hohen Bildungsniveau und einer starken Besorgnis über den Verlust der Biodiversität bereit sind, mehr für Produkte mit überdurchschnittlicher Biodiversitätsleistung zu zahlen (positive Information) – und entsprechend weniger für Produkte mit unterdurchschnittlicher Leistung (negative Information). Allerdings hat dabei der Grad, um den die Biodiversitätsleistung eines Produktes den Branchenstandard übertrifft, keinen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft. Die Zahlungsbereitschaft wächst nicht je nach Größe des Engagements oder des Fortschritts. Auch marginale Fortschritte von Unternehmen werden honoriert. Was nicht selten zu einer berechtigten Kritik von Augenwischerei oder Greenwashing führen kann.

Verhaltensänderung profitiert von politischem Willen

Um wirksame Veränderungen zu etablieren, reichen somit anscheinend die persönlichen Anstrengungen seitens der Verbraucher*innen nicht aus, solange diese nur darauf achten, ob durch ein bestimmtes Produkt überhaupt etwas zugunsten der Biodiversität bewirkt wird, aber nicht danach fragen, wie viel getan wird. Es braucht zusätzliche Hebel, die das Verhalten nachhaltiger beeinflussen und größere Effekte bei der Erhaltung der Biodiversität erreichen.

„Die Forschenden kommen daher zur Schlussfolgerung, dass die derzeitigen monetären Anreize durch Verbraucher*innen für ein unternehmerisches Biodiversitätsmanagement mit dem Ziel, innerhalb der planetaren Grenzen zu agieren, nicht ausreichen. Daher ist beispielsweise die Politik gefragt, Subventionen für Produkte einzuführen, deren Biodiversitätsleistung weit über dem Branchendurchschnitt liegt, oder Produkte zu verbieten, die deutlich unter dem Branchendurchschnitt liegen.“

Ein Eingriff ins Marktgeschehen ist nach wie vor umstritten, die Dynamiken eines freien Marktes sind in der westlichen Welt unangefochten beliebt. Auch wenn Deutschland mit seinem Modell der „Sozialen Marktwirtschaft“ längst eine ungebremste neoliberale Marktpolitik überwunden hat, stehen sich Wirtschaftswissenschaftler*innen mit ihrem Festhalten an Wachstumsstrategien möglicherweise selbst im Wege, wenn es darum geht, neue Zukunftsszenarien zu entwickeln.

Erfreulich ist dabei dennoch, dass es nicht an der Bereitschaft Einzelner mangelt, ihr Verhalten anzupassen und zu verändern. Dies ist letztendlich doch ein gewisser Sieg der Vernunft über die Gedankenlosigkeit oder eine kurzfristige Lustbefriedigung.

Machen wir mehr daraus!

Bei einer der kommenden Veranstaltungen wird das ISSO-Institut das Thema Ernährung noch etwas genauer unter die Lupe nehmen. Fühlen Sie sich dazu herzlich eingeladen.

Nachhaltigkeitsworkshop am 19.08.2025 von 18.00 bis 20.00 Uhr im Bistro des Dreikönigenhauses.

Weitere Informationen:

Jacob Hörisch, Lars Petersen, Kathleen Jacobs (2024). The impact of biodiversity information on willingness to pay. In: Journal of Industrial Ecology 28, 1641–1656.

Daniel Kahneman, Amor Tversky (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. In: Econometrica, Band 47, 1979, Nr. 2, S. 263–291.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner