Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn

Während Mitte der 1950er-Jahre noch knapp die Hälfte der deutschen Bevölkerung angab, ohne den Zweiten Weltkrieg wäre Adolf Hitler einer der größten Staatsmänner gewesen, erlangte zugleich „Das Tagebuch der Anne Frank“ große Bekanntheit. Die deutsche Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit – mit der Diktatur, der Gleichschaltung, der Verfolgung von Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen und politischen Feinden, den Konzentrationslagern, dem Holocaust und schlussendlich der Vernichtung von vielen Millionen Menschenleben – erscheint in dieser Zeit sehr ambivalent. Zwischen Verdrängung und Aufarbeitung, zwischen Gleichgültigkeit und Betroffenheit beginnt der Wiederaufbau Deutschlands aus den Trümmern sowie der Beginn einer neuen politischen Ära, einer demokratischen Staatsform.

Die nachfolgenden Generationen werden befragt, kommen zu Wort im multimedialen Mix der Ausstellung. Es werden einzelne Lebensgeschichten neben politische Strömungen gestellt, kulturelle Entwicklungen werden aufgezeigt, und scheinbar „ganz nebenbei“ werden die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen der Aufarbeitung in der BRD und in der DDR dargestellt: Das SED-Regime gestaltete diese mit einem „antifaschistischen“ Gründungsmythos, bei dem Mitläufer von ihrer Schuld befreit wurden – was weniger kollektiv, aber dennoch in ähnlicher Weise auch in der BRD geschehen konnte, in der diese Menschen in ganz normalen Berufen und Ämtern wieder Karriere machen konnten.

Die Ausstellung bringt die zeittypischen Lebenssituationen der jeweiligen Generationen näher und zeigt, wie sich die verschiedenen Generationen bis heute zu diesem Kapitel der deutschen Geschichte verhalten. Beginnend mit der Erlebnisgeneration, die in der Zeit des Nationalsozialismus erwachsen war, über die Kindergeneration, die bereits im neuen Wohlstand der Demokratie aufwuchs, bis hin zur Enkelgeneration und der vierten Generation, die nach dem Fall der Mauer im wiedervereinten Deutschland aufwuchs.

Ausstellungsbesuchende können Anknüpfungspunkte für sich oder ihre Familienangehörigen in den jeweiligen Generationenabschnitten finden.

Die Protestaktionen der 68er-Bewegung werden beleuchtet, insbesondere die Aktion von zwei Studierenden beim Rektorenwechsel an der Universität Hamburg mit dem Transparent „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“.

Die Notwendigkeit unterschiedlicher Gedenkstätten wird ebenso herausgestellt wie die von dezentralen Plätzen der Erinnerungskultur. Objektgeschichten aller Art, Filmausschnitte, Originaldokumente – auf engem Raum wird viel geboten.

Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Momentaufnahme von Pfingstsonntag: Ein gut besuchter Ausstellungsraum mit einer ganz altersgemischten Besucherschar. Viele Familien mit Kindern im schulfähigen Alter. Es wurde miteinander gesprochen, geschwiegen, ausprobiert, angeschaut.

Eine lohnenswerte Ausstellung, die noch bis zum 25. Januar 2026 im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn zu sehen sein wird. Der Ausstellungsbesuch ist kostenfrei.

Weitere Informationen:

https://demokratiezentrum.rlp.de/veranstaltungen/extreme-eltern-rechtsextreme-familien-das-neue-normal

 

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