Wer auf dem Land lebt, kennt das: Die Infrastruktur dünnt aus, immer mehr kleine Hotels und Gastronomiebetriebe geben auf. Deutschlandweit gab es im Jahr 2018 noch 179.012 Gastronomiebetriebe, drei Jahre später war die Zahl auf 148.624 geschrumpft. Das sind 17% Rückgang in drei Jahren, zugegeben in der Phase von Corona. Auf dem Land oder in der Stadt, die Gastronomie hat überall mit fehlendem Personal und steigenden Kosten zu kämpfen. Kleine Betriebe, deren Inhaber keine Nachfolger finden, machen vermehrt zu.
Foto: Deichwiesenhof eG
In Bonefeld nicht weit oberhalb von Neuwied findet man jetzt ein Beispiel, das Mut macht. Die einzige Gastronomie in dem 900-Seelen-Ort hatte geschlossen, auf eine Anzeige zur Verpachtung hatte sich kein Interessent gemeldet. Ein glücklicher Umstand war, dass sich das Gebäude im Besitz der Gemeinde befand und ein für den Ort und seine Vereine wichtiger Veranstaltungssaal dazugehörte. So entstand Anfang 2024 eine Initiative, über eine Kneipengenossenschaft nachzudenken. Das Unglaubliche ist: Ein gutes halbes Jahr später war alles fertig, der Deichwiesenhof in Bonefeld [1] ist heute eine tatsächlich funktionierende Genossenschaft.
Wie immer fing die Aktion mit einigen engagierten Bürger*innen an, und es gab Ausflüge zu anderen bestehenden Kneipengenossenschaften beispielsweise in Gummersbach [2][3]. Am Schluss dieses Beitrags finden sich einige Weblinks zum Nachlesen auch zu anderen nicht weit entfernten Orten im Rheinland [4][5][6].
Die Besuche gaben den Bonefeldern so positive Impulse, dass daraus eine dorfweite Initiative entstand. In den Wochen danach wurden eine Satzung und die sonstigen Formularien entworfen, wobei die Gummersbacher ihre eigenen Dokumente sogar für andere Initiativen offengelegt haben. Ein echter Brandbeschleuniger für Bonefeld, wenn man diesen Kalauer mit Brand = Durst hier bringen darf. Auch das genossenschaftliche Prüfungsverfahren lief offensichtlich in Bestzeit, so dass bereits Ende August der Betrieb aufgenommen werden konnte.
Von den 900 Bonefeldern sind heute rund 200 genossenschaftlich an der Dorfkneipe beteiligt, und über 60 Personen sind sogar bereit, sich die Theken-, Koch- und Spüldienste zu teilen, ein wirklich bemerkenswertes Beispiel.
Foto: Deichwiesenhof eG
Der Deichwiesenhof hat von Donnerstag bis Sonntag geöffnet, und wir empfehlen den Besuch sehr, besonders natürlich für alle, die sich für diese Art gemeinschaftlich getragener Konzepte interessieren. Es gibt bundesweit bereits einige dieser Gemeinschaftsbetriebe, unten finden sich einige Hinweise dazu. Es wäre schön, wenn durch solche Lösungen dem Kneipensterben etwas entgegenzusetzen wäre. Orte der Kommunikation und des gesellschaftlichen Austausches können in ihrer Wichtigkeit nicht hoch genug bewertet werden.
[1] Deichwiesenhof Bonefeld https://www.bonefeld.de/genossenschaft.html
[2] Gaststätte Jäger, Gummersbach-Hülsenbusch http://www.dorf-huelsenbusch.de/kneipe/
[3] Beratungsangebot http://www.dorf-huelsenbusch.de/kneipe/kneipen-genossenschafts-partnerschaften-und-beratung/
[4] Dorfschänke Alt-Merzbach https://alt-merzbach.de/
[5] Geschichte dazu https://taz.de/Genossenschaftlich-organisierte-Kneipe/!6049711/
[6] Siegtaler Hof in Windeck-Herchen https://www.siegtalerhof.de/