Veranstaltung am 15.01.2025 in Trier

Es gibt viele Beispiele für gelungene Integration. Und es ist mehr als wichtig, darüber auch zu sprechen. Warum? Weil sonst der Anschein entstehen könnte, als läge die Lösung aller unserer Probleme im wieder aufkeimenden Nationalismus. Und seien Sie doch einmal ehrlich: Glauben Sie das wirklich? Schon die Römer waren stolz darauf, viele Kulturen und Nationalitäten unter ihrem Einflussbereich – zu dem ja auch Trier gehörte – zu vereinigen. Rom war ein Multikulti-Staat und war damit sehr lange sehr erfolgreich.

„Wer ist denn ein Deutscher, oder wer ist ein Trierer?“ Mit dieser Frage eröffnete Wolfram Leibe, der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Trier, sein Grußwort zu der Veranstaltung am 15.01.2025 in der Volkshochschule Trier am Domfreihof. Der nach eigenen Aussagen von Holländern abstammende Leibe hat eine klare Haltung dazu: „Trierer sind Menschen, die sich in die Stadtgesellschaft einfügen.“ Mit einem Augenzwinkern wies er auf den heiligen Simeon hin, der sich 1030 feierlich in den östlichen Turm des bekannten römischen Stadttores, der Porta Nigra, in Trier einmauern ließ, um dort ganz zurückgezogen im Gebet als Eremit zu leben. Zuvor hatte der aus Konstantinopel stammende und in Syrakus geborene Grieche den Orient und den Nahen Osten bereist. Dabei war es sehr hilfreich gewesen, dass er viele verschiedene Sprachen beherrschte.

(Foto: Beatrix Sieben, ISSO)

Die Trierer Stadtgesellschaft ist bunt

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Mit diesem Zitat von Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz reflektierte Wolfram Leibe die Grundpfeiler der Bundesrepublik und somit auch seiner Vorstellung von einer Stadtgesellschaft. Trier hat derzeit einen Anteil von mehr als dreißig Prozent Menschen mit Migrationshintergrund, die teilweise schon in der zweiten und dritten Generation in Trier leben und arbeiten.

Nach dieser persönlichen Einführung nutzte der Moderator Wolfgang Faller vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration das Thema auch für seine Gesprächsrunde: „Sind Sie in Trier geboren?“, war die erste Frage, die er den Mitwirkenden stellte, die sich an der Podiumsdiskussion beteiligten. Es ging in den Gesprächen darum, die praktische Antirassismusarbeit in Trier für die ca. fünfzig Teilnehmenden der Veranstaltung zu beleuchten. Es folgte ein Potpourri projektbezogener, interdisziplinärer und integrativer politischer oder sozialer Antirassismusarbeit.

An dem Gespräch über die eigenen Erfahrungen sowie die eigene Motivation bei der meist ehrenamtlichen Antirassismusarbeit waren beteiligt: Mohamed Kushari, Buntes Trier e.V., Sophie Kobo, Afrikanische Community Trier e.V., Nicola Rosendahl, Palais e.V., und Ruth Lieser, Multikulturelles Zentrum Trier e.V.

Miguel Vicente, der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration, wies darauf hin, wie wichtig das Thema Integration und Vielfalt für die Landesregierung ist. Zusammen mit dem Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz war die Veranstaltungsreihe „Fokus Rassismus“ im Jahr 2023 gestartet. Eine der Veranstaltungen der Reihe fand im Mai 2024 bei ISSO in Kooperation mit dem Beirat für Migration und Integration (BMI) der Stadt Koblenz statt (siehe ISSO Blog vom Mai 2024).

Blick zurück in die Zukunft

Gifty Rosetta Amo Antwi und Torsten Jäger (Foto: Beatrix Sieben, ISSO)

Über die Rolle von Antirassismusarbeit und deren Herausforderungen in der Zukunft äußerte sich die Politikwissenschaftlerin und Geschäftsführerin des Weltladen-Dachverbands e.V. Gifty Rosetta Amo Antwi. Die Mainzerin berichtete im Interview mit Torsten Jäger vom Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland Pfalz, wie sie sich selbst als einziges schwarzes Kind in einer niedersächsischen Kleinstadt wahrgenommen hatte und wie es heute für ihre Kinder ist, deren Alltag anders ist, aber noch immer nicht ohne Alltagsrassismus vonstattengeht. Auch wenn sich bereits vieles verändert hat und es heute eine Sprache gibt, mit der sich über diskriminierende oder rassistische Begebenheiten sprechen lässt, und Beratungsstellen, die Betroffene dabei unterstützen, ihr Recht geltend zu machen, ist struktureller Rassismus immer noch vorhanden. Da hilft es nicht, die Augen zu verschließen. Ansprechen und Aufzeigen, das ist die Parole von Amo Antwi. Und am liebsten darüber mit einer breiten Öffentlichkeit ins Gespräch kommen. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass alle engagierten und aktiven Demokratielebenden eine Haltung gegen die Einschüchterung entwickeln und positive Bilder des Gelingens erzählen.

Als Fazit lässt sich aus der Diskussionsrunde festhalten: Auseinandersetzungen brauchen öffentliche Räume. Integration ist ein langwieriger Prozess. Den Feinden der Demokratie nicht das Feld überlassen. Raus auf die Straße oder dorthin wo viele Menschen unterwegs sind, auf die Sportplätze, in die Stadtzentren (wo am selben Tag die Trierer OMAS GEGEN RECHTS Handzettel verteilten, um dafür zu werben, die eigene Stimme einer demokratischen Partei zu geben) und keine Mühe scheuen, mit der eigenen Überzeugung Zweifelnde aus der breiten demokratische Mitte davon zu überzeugen, dass Integration schon längst eine Erfolgsgeschichte ist.

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