An insgesamt fünf Tagen im November und im Dezember 2024 haben sich unter der Federführung des ISSO-Instituts im Koblenzer Dreikönigenhaus durchschnittlich zwischen 20 und 25 Teilnehmende intensiv mit dem Thema Rassismus und der Bedeutung von Empathie für ein friedliches und gleichwertiges Miteinander in unserer Gesellschaft auseinandergesetzt.

Workshops: Vom Alltag bis zur Erinnerungskultur

Die Workshops der Seminarreihe umfassten unterschiedliche Schwerpunkte, von der Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus bis hin zur Bedeutung der Erinnerungskultur im Kampf gegen Rassismus.

So referierte Prof. Dr. Karim Fereidooni über rassistisch-hegemoniale Normen in der deutschen Gesellschaft und erarbeitete mit den Teilnehmenden Strategien, um Alltagsrassismus bewusster wahrzunehmen und aktiv aufzudecken.

Dr. Inka Engel von der Universität Koblenz berichtete über die Ergebnisse eines Bundesprojektes BEFEM zur Erinnerungskultur und ermunterte die Teilnehmenden, über die Notwendigkeiten eines kollektiven Gedächtnisses nachzudenken sowie die Möglichkeiten für regionale Ansätze von Erinnerungskultur weiterzuentwickeln.

Das gemeinsame Entwickeln von Handlungsmöglichkeiten für Betroffene mit konkreten Ansprechpartner*innen und Beratungsstellen wurde durch eine Bildungsreferentin von m*power aufgezeigt.

Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert von der Universität Koblenz referierte die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse zur „Empathie in der Vielfalt“ und machte verständlich, weshalb Empathie immer selektiv ist und somit von einigen Menschen auch manipulativ eingesetzt werden kann. Im interaktiven Workshop erlebten die Teilnehmenden, wie Empathie durch persönliche, kulturelle und religiöse Aspekte beeinflusst und über sprachlichen Ausdruck transportiert wird.

Foto: Bildungsinitiative Ferhat Unvar©

Wie es gelingt, dem Streit nicht auszuweichen und die Möglichkeiten von unterschiedlichen Standpunkten als eine Bereicherung der Demokratie zu betrachten, erläuterte Prof. Dr. Daniela Gottschlich von der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung. In ihrem Workshop wurden auch die Zusammenhänge von Rassismus als Folge von ökonomischen Interessenkonflikten und klimabedingten Veränderungen aufgezeigt.

Wie sich aus der Bevölkerung und durch persönliche Betroffenheit eine erfolgreiche Bildungsinitiative entwickeln kann, zeigte abschließend die Bildungsinitiative Ferhat Unvar mit den Referentinnen Rojda Arslan und Meryem Mesfin. Sie sensibilisierten die Teilnehmenden für die Notwendigkeit, den Opfern einen Namen und ein Gesicht zu geben sowie aktiv gegen strukturellen Rassismus – unter anderem durch eine Täter-Opfer-Umkehr – vorzugehen.

Empathie als Werkzeug gegen Radikalisierung

Die Seminarreihe widmete sich insgesamt der Fragestellung, ob und wie Empathie zur Stärkung einer Streit- und Konfliktkultur beitragen und darüber hinaus aktueller Radikalisierung entgegenwirken kann. Es wurde aufgezeigt, dass rechtsradikale Ideologien und Rassismus eine ernsthafte Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen. Sie verstoßen sowohl gegen Menschenrechte als auch gegen das deutsche Grundgesetz. Die Teilnehmenden konnten ihr persönliches Wissen erweitern und erhielten konkretes Handwerkszeug, um Ungleichwertigkeitsideologien im Alltag zu erkennen und ihnen wirksam zu begegnen.

Vermittelt wurde dabei die Empathiebasierte Verständigung als sehr nützliches Kommunikationskonzept. Bei der Bearbeitung von konkreten Aussagen konnte die Anwendung ausprobiert und trainiert werden. Empathie bietet neben einer einfühlenden und verständnisvollen Annäherung an das Gefühlsleben des anderen auch die Möglichkeit, nach gemeinsamen Strategien für die Zukunft zu schauen und diese anzugehen. Die Teilnehmenden erprobten empathisches Zuhören in Konfliktsituationen ebenso wie den Einsatz von wertschätzender Sprache, um sich auch in konfliktreichen Situationen gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus positionieren zu können. Dabei war es immer wieder beeindruckend, wie offen und engagiert die Teilnehmenden miteinander arbeiteten und sich an den teils kontroversen und herausfordernden Diskussionen beteiligten. Im Seminar selbst entstand ein Raum für Vertrauen, der sich im Laufe der Seminarreihe immer weiter entwickelte und die konative Kraft der Empathie verdeutlichte.

Engagement für eine offene Gesellschaft

Die Seminarreihe zeigte, dass Empathie ein Schlüssel für den sozialen Zusammenhalt und ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen Rassismus sein kann. Die Kombination aus theoretischer Wissensvermittlung, praktischen Trainings und einem geschützten Raum für Austausch ermöglichte es allen Teilnehmenden, sich intensiv mit der eigenen Haltung auseinanderzusetzen und persönliche Strategien für den Umgang mit Rassismus zu entwickeln.

Gefördert wurde das Projekt durch die Martin-Görlitz-Stiftung und das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz im Rahmen des Programms „Gemeinsam für Gleichwertigkeit“.

Eine Fortsetzung ist für 2025 in Planung.

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