Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Am 17.05.2024 öffnete das Mittelrhein-Museum in Koblenz seine Türen, um Künstlerinnen Raum zu bieten, die in der Zeit zwischen 1850 und 2000 tätig waren. Ausgewählt wurden solche Künstlerinnen, die in Koblenz geboren worden oder zur Schule gegangen waren oder die vorübergehend in Koblenz gewirkt hatten. Angereichert um viele Leihgaben, zeigt die Sammlung des Mittelrhein-Museums, wer diese Frauen waren, unter welchen Bedingungen sie arbeiteten, wer sie ausbildete und wie ihre künstlerische Entwicklung verlief.

Gerade zu Beginn des 19 Jahrhunderts war es nicht üblich, dass Frauen den Pinsel ergriffen und sich mit Farben bekleckerten. Kamen sie aus wohlbehüteten adeligen oder bürgerlichen Kreisen, war eine musische Ausbildung am Konzertflügel schicklicher. Insofern gibt es in vielen Fällen kaum Anhaltspunkte über das Leben und Wirken von anderer Künstlerinnen aus dieser Zeit.

Ausgehend von der Frage „Seit wann arbeiten eigentlich Künstlerinnen in Koblenz?“, zeigt das Mittelrhein-Museum sehr unterschiedliche Werke von bekannten und weniger bekannten Frauen. Zu Beginn waren es meist isolierte Erscheinungen, meist auch abhängig von den Lebensumständen und den häuslichen Möglichkeiten, eine eigene Ausbildung finanzieren zu können.

Ein bekanntes Vorbild aus dieser Zeit ist Gabriele Münter, geboren 1877in Berlin und gestorben 1962 in Murnau am Staffelsee, die neben Paula Modersohn-Becker als bekannteste Vertreterin des Expressionismus in Deutschland gilt. Durch den familiären Umzug nach Koblenz begann ihr künstlerischer Einstieg bereits in der Schulzeit. Frauen dieser Zeit hatten keine Möglichkeit, eine Kunstakademie zu besuchen, sie waren angewiesen auf Privatunterricht. Privaten Unterricht nahm Münter erst in Düsseldorf und später in München bei Wassily Kandinsky, mit dem sie zwischen 1908 bis 1914 auch liiert war.

Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Anfang des 20. Jahrhunderts öffneten sich die staatlichen Akademien für Frauen. Die Ausstellung zeigt Künstlerinnen dieser Zeit, deren Werke stilistisch eindrucksvoll sind, die allerdings kaum einen oder sogar gar keinen Weg in die Öffentlichkeit fanden. Weshalb manche dieser Künstlerinnen ihr künstlerisches Wirken einstellten, lässt sich nicht genau erklären. Ein Einbruch kann auch die Zeit des Nationalsozialismus gewesen sein. Auch aus dieser Zeit gibt es Werke unterschiedlicher Künstlerinnen, die ihren Stil im Exil oder angepasst an die gesellschaftlichen Erfordernisse weiterentwickelten.

Die gebürtige Koblenzerin Jacqueline Diffring, geboren 1920 und verstorben 2020 in Frankreich, emigrierte 1939 als Jüdin nach Großbritannien. Die ehemalige Schülerin des Hilda-Gymnasiums in Koblenz und ab 1937 Studentin der privaten Kunstschule Reimann in Berlin erreichte als Bildhauerin große Bekanntheit. Ab den 1980er-Jahren wurden ihre Werke in internationalen Galerien und Museen gezeigt. 2007 gründete sie eine Stiftung; das Stiftungskapital und die Vergabe eines Preisgeldes obliegen seit 2022 der Stadt Koblenz.

Ab 1945 traten akademisch ausgebildete Künstlerinnen häufiger in Koblenz in Erscheinung. Diese Künstlerinnen und ihre Werke werden teilweise zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Manche der gezeigten Werke haben auch als Schenkungen und Nachlässe den Weg ist Mittelrhein-Museum gefunden.

Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Die Ausstellung zeigt Werke von Martine Andernach, Gisela von Baum, Jacqueline Diffring, Elisabeth Hansen, Gabriele Münter, Edith Peres-Lethmate, Emy Roeder, Aen Sauerborn, Lucia Schmidt, Gisela Schmidt-Reuther, Ina Stein-Wiese sowie weiteren, bis hin zu zeitgenössischen Künstlerinnen, die im heutigen Stadtleben von Koblenz und darüber hinaus engagiert wirken.

Die Ausstellung zeigt auch den Wandel der Koblenzer Kunstwelt, die sich in den Nachkriegsjahren zu einer über Koblenz hinausgehenden Künstlergemeinschaft zusammenschloss, die als das größte Netzwerk dieser Art in Rheinland-Pfalz gilt. Neben der Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein (AKM), die als Zusammenschluss von Malern und Bildhauern des Hunsrücks, der Eifel und des Westerwaldes gilt, bildete sich in den 1990er-Jahren noch die Aktionsgruppe Rheinland-Pfälzischer Künstler (ARK) e.V., die sich als Plattform für Kulturschaffende versteht und vielseitige Fachgebiete vereint.

Die Ausstellung des Mittelrhein-Museums kann noch bis zum 15.09.2024 besucht werden und hält einige weitere interessante Termine bereit:

Soiree | Künstlerinnengespräch mit Martine Andernach, Elisabeth Hansen und Helke Stiebel

Do, 27.06.2024, 18 Uhr

Die Kosten für die Veranstaltung betragen 3,– € bzw. ermäßigt 2,– € zzgl. Museumseintritt.

Öffentliche Führungen

So, 16.06., 21.07., 18.08., 15.09.2024, jeweils 15 Uhr

Die Kosten für die Veranstaltungen betragen jeweils 3,– € bzw. ermäßigt 2,– € zzgl. Museumseintritt.

Museumsnacht Koblenz 2024

Sa, 07.09.2024

21.30 Uhr       Künstlerinnengespräch mit Martine Andernach, Elisabeth Hansen und
Dr. Claudia Heitmann

22.30 Uhr       „Kommt nicht zurück, wenn ihr schon mal verschollen.“
Jacqueline Diffring im Koblenz der 1950er-Jahre
Themenführung mit Antje Kraus

Die für diese Veranstaltungen zur Museumsnacht erhobene Sondergebühr berechtigt zum Eintritt in alle beteiligten Ausstellungshäuser in Koblenz.

Foto: Beatrix Sieben, ISSO

Im Bild Museumsdirektor: Dr. Matthias von der Bank

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