„Von der Corona-Krise zur Nachhaltigkeit. Was eine Politik der Nachhaltigkeit jetzt leisten muss

Einen interessanten Vortrag in der Reihe Wirtschaften mit globaler Verantwortung gab es am 26. Oktober bei ISSO, gesendet live über den Kanal Studiyoo. Prof. Dr. Reinhard Loske, Professor für Nachhaltigkeit und Präsident der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Bernkastel-Kues, entwickelte unter der Überschrift „Lokal – Global – Ganz egal“ Gedanken für ein neues Leitbild einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Veranstalter war Engagement Global in Kooperation mit ISSO.

Christina Berthold von Engagement Global (Mainz) begrüßte die Teilnehmenden, die bedingt durch die steigenden Infektionszahlen von SARS-CoV-2 digital zusammengekommen waren. Anschließend stellte Martin Görlitz, von ISSO zugeschaltet aus dem Dreikönigenhaus in Koblenz, die Aktualität des Themas heraus, Nachhaltigkeit auch und gerade während der Corona-Pandemie im Auge zu behalten.

Prof. Dr. Loske gewann am Wuppertal Institut, als Senator in Bremen, als Mitglied des deutschen Bundestages und inzwischen als Präsident der Cusanus Hochschule vielfältige Erfahrungen zu Fragen der Gestaltung einer nachhaltigen Gesellschaft. Seinen Vortrag gliederte Loske in drei Teile: Eingangs entfaltete er seine Kritik an neoklassischen „Mainstream“-Ökonomik. Der Fokus lag dabei darauf, inwiefern deren Annahmen uns daran hindern, aktuelle Krisen wie den Klimawandel und die Ungleichheit zwischen Globalem Norden und Süden adäquat zu adressieren.

Aus diesen „Gedanken zu Markt, Staat und Gesellschaft“ folgert er: Es braucht den Staat als Rahmensetzer, doch zentral ist es, die Bereiche zwischen Markt und Staat durch gesellschaftliche Kreativität zu gestalten. Des Weiteren hält Loske auch wirtschaftswissenschaftliche Konzepte wie „Economies of Scale“ und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maßzahl für zumindest nicht vollständig überzeugend, übersehen sie doch die mit globaler Wirtschaftstätigkeit einhergehenden Vulnerabilitäten und externe Effekte wie zum Beispiel Umweltschäden.

Der zweite Teil des Vortrags widmete sich unter dem Titel „lessons (to be) learned“ den Erkenntnissen, die wir schon jetzt aus der Corona-Pandemie ziehen können. Aus der Reihe an Schlussfolgerungen, die Loske präsentierte – die Vortragsfolien sind hier nachzulesen – scheinen zwei besonders spannend: Unter dem Stichwort „Erzwungene Suffizienzerfahrung“ fragt Loske, ob die von der Politik in der Corona-Pandemie durchaus durchsetzbaren Einschränkungen, die wir uns als Gesellschaft kollektiv auferlegen, einen Hinweis darauf geben könnten, wie wir auch in Zukunft agieren könnten. Vielleicht mag uns in der Zeit, in der Shopping und andere Formen des Dauerkonsums zumindest eingeschränkt waren, ja etwas bewusster geworden sein, dass andere Dinge wichtig oder wichtiger sein könnten, um ein erfülltes Leben zu leben: Könnte also weniger mehr sein?

Ergänzt werden diese Gedanken mit der Beobachtung, dass wir die „Renaissance des Nationalstaates in der Krise“ erlebt haben, weshalb nun Errungenschaften wie internationale Kooperation und Weltoffenheit infrage stehen. Denn Loske geht es bei aller Kritik an problematischen Lieferketten, fragwürdigen Handelsbeziehungen und anderer umweltschädlicher Wirtschaftspraktiken keineswegs darum, die Globalisierung umzukehren und in Folge zu isolierten Nationalstaaten zurückzukehren. Dementsprechend zählt zu den im dritten Teil des Vortrags diskutierten Forderungen für die Zeit post-Corona eine weltoffene „Glokalisierung“. Gemeint ist damit, dass Negativfolgen der Globalisierung durch eine Mischung an Re-Regionalisierung und veränderter internationaler Kooperation entgegengewirkt werden sollte. Das bedeutet kleinräumiger, aber ganz im Sinne der Digitalisierung vernetzt zu wirtschaften und fairen Handel zu betreiben, der auf Lieferketten setzt, die menschenrechtliche und ökologische Standards erfüllen.

Loskes Forderung zielt dementsprechend deutlich auf ein „mehr als ‚recovering better‘ – kein frisches Geld in überkommene Strukturen“. Ein möglicher Weg dahin wurde im Vortrag abschließend thematisiert: Nachhaltigkeit als Grundrecht und -pflicht ins Grundgesetz aufnehmen und damit zu einem Prinzip machen, an dem jedes neue Gesetz sich messen lassen muss. Eine Idee, die auf kommunaler und internationaler Ebene schon auf verschiedenste Weisen Anwendung gefunden hat und sicherlich weitere Beachtung und Diskussion verdient.

Wer selbst im Alltag mehr für ein nachhaltiges Zusammenleben tun will, findet unter 17Ziele.de zahlreiche „Tu Du’s“ in Anlehnung an die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen.

Die Veranstaltungen der Reihe Wirtschaften mit globaler Verantwortung finden jeweils von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr als Livestream auf Youtube über den Kanal Studiyoo statt. Es besteht die Möglichkeit, live mit zu diskutieren. Den Flyer mit weiteren Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier.

Der Vortrag von Prof. Loske findet sich unter diesem Link.

 

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