Eine persönliche Rückschau
„Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?“ – Zwanzig Jahre, das ist eine unglaublich lange Zeit. Die wird höchstens von „WETTEN DASS..?“ oder dem „Tatort“ überboten. Hier geht es aber nicht um Unterhaltung, hier geht es um Denken. Von der Antike bis in die Gegenwart. Die Schule des Denkens umfasst 2.500 Jahre und es ist (Gott sei Dank!) kein Ende abzusehen. Am 8. Dezember 2024 fand eine Danksagung mit Review statt.
Alles begann …
… mit einem Telefonanruf aus der VHS bei dem damals 27-jährigen Werner Moskopp, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Koblenz, gebürtiger Koblenzer und Philosoph aus Leidenschaft. Dieser war sofort begeistert von der Idee eines philosophischen Symposiums als Angebot für denkfreudige Koblenzer Bürger*innen. Jeweils vier Sonntage im Semester von 10.30 bis 15.30 Uhr, so ging es 2004 los. Später kamen noch Donnerstagsabende dazu und noch später fielen vier Sonntage im Frühjahr weg, da wird das Philosophieren in den heimischen Garten verlegt, damit Tiere und Pflanzen auch nicht zu kurz kommen. Es gibt Pferde zu betreuen, Honig zu ernten und manches mehr.
Wer denkt über was?
Alle Einheiten stehen für sich selbst, sind unabhängig voneinander: Wer kommt, soll ohne Vorwissen teilnehmen können. Das Semesterprogramm entsteht aus den Anregungen der Teilnehmenden, manchmal auch aus den Diskussionen. Diskutiert wird immer, meist über das Kursende hinaus. Lustig, wenn sich am Abend nach bereits überzogener Kurszeit die Kursbetreuer*innen einfach noch mit in die Runde setzen. Denken macht Spaß. Es ist möglicherweise eine Art Yoga für den Geist, bei dem die Muskeln nicht die erste Geige spielen. Denken ist anstrengend. Möglicherweise auch das. Aber es lohnt sich. Es geht ja um etwas. Die großen Fragen des Lebens stehen zur Diskussion. Und seien wir mal ehrlich: Steckt Philosophie nicht in allem? Der Charakter dieser Veranstaltung ist geprägt vom unerschöpflichen Interesse des Dozenten Werner Moskopp, der sich für die Kurse vorbereitet, als seien es Vorlesungen vor Fachpublikum in der Hochschullandschaft. Das spüren alle, die mal zum Schnuppern kommen – und dann bleiben. So wie ich selbst. Trauernd über die Veranstaltungen, die bereits vorher stattgefunden hatten und die ich verpasst hatte. Doch wie wunderbar, dass die lange Laufzeit auch Wiederholungen erlaubt. Die großen Denker*innen kommen immer wieder einmal vorbei, immer wieder mit anderen Themen und mit mal mehr oder mal weniger aktuellem Bezug. In diesem Jahr gab das 300. Jubiläum von Immanuel Kant gewisse Themenschwerpunkte vor. In Zeiten von Kriegen und Katastrophen braucht es einen Appell an Verstand und Vernunft, da passt die Auseinandersetzung mit dem großen Königsberger gerade gut.
Wie geht es weiter?
Ingo Schneider dankte als Kulturdezernent der Stadt Koblenz Werner Moskopp und der Volkshochschule für das beeindruckende Engagement. Zwanzig Jahre Wissenschaftstransfer in die Zivilgesellschaft ist eine bemerkenswerte Leistung, vor allem deswegen, weil die Sensibilisierung für einen solchen Transfer noch längst nicht so alt ist. Weil manche Hochschulen immer noch ihre Elfenbeintürme pflegen, aus denen Forschende oder Lehrende gar nicht recht herauskommen wollen, ist das Engagement von Werner Moskopp doppelt zu würdigen.
Nach einem kleinen persönlichen Resümee über die vergangenen Jahre, metaphorisch mit einem „Windhauch“ des Lebens verglichen, bestätigt Werner Moskopp seine Motivation für das vergangene und auch für das zukünftige Engagement: Philosophie sollte die Gegenwart mitgestalten. Sie darf den kantischen Gedanken folgend die Rolle übernehmen, erstens die eigene Vollkommenheit und zweitens der anderen Glückseligkeit mitzugestalten. Dabei ist die Vorstellung der Vollkommenheit eine an den Verstand und an die Vernunft angelehnte und folgt nicht der Idee einer Selbstoptimierung.
„Die Gemeinschaften, die es uns ermöglichen, mit anderen Menschen zu philosophieren, befähigen uns dazu, uns zu vervollkommnen.“ – Mit diesem Gedanken geht es auch bei dieser Veranstaltung zum zwanzigjährigen Jubiläum in den Austausch. Angeleitet durch vier Fragen (modifiziert nach Kant und sicher auch im Sinne Sokrates), werden alle Teilnehmenden aufgefordert, sich einzubringen und die nächsten (hoffentlich weitere zwanzig) Jahre Philosophie an der VHS und in Koblenz mitzugestalten:
- Was blieb in der Erinnerung?
- Wie geht es bei der VHS weiter?
- Welche Rolle kann die Philosophie in der Gesellschaft spielen?
- Wie könnte man die Philosophierenden in und um Koblenz vernetzen?
Zum Abschluss der Veranstaltung waren die Flipcharts gefüllt mit guten Ideen. Genug Themen für weitere Stunden in der Denkschule. Und die großen Fragen des Lebens sind ja eh nicht gerade kleiner geworden. Ich freue mich darauf.
Danke, lieber Werner Moskopp!
Herzlich,
Beatrix Sieben