Mit dem 22.04.2024 nähert sich der 300. Geburtstag von Immanuel Kant (1724–1804), dem wichtigsten deutschen Philosophen seiner und vielleicht auch unserer Zeit. Anlass genug für das Café Philosophique in Koblenz, sich dem Königsberger gleich aus mehreren Blickwinkeln zu nähern.

Das Café Philosophique in Koblenz ist seit 2000 ein Ort des Philosophierens

Die Veranstaltung versteht sich als ein offenes Diskussionsforum: Willkommen sind Gäste jeden Alters, „die Freude am zwanglosen Philosophieren haben und in einer offenen und toleranten Runde an bereichernden Gesprächen teilnehmen möchten“, so steht es auf der Website. Jeden ersten Sonntag im Monat treffen sich die Philosophie-Interessierten von 17.00 bis 19.00 Uhr in Diehl’s Hotel. Die Veranstaltung wird von Philosoph:innen moderiert und „lebt von der Diskussion der Teilnehmenden – ganz gemäß Ludwig Wittgenstein, der meinte, Philosophie sei keine Lehre, sondern eine Tätigkeit“. Selbstverständlich kann man auch nur zuhören. Für die Moderierenden geht der Hut rum, in den alle Anwesenden einen Beitrag geben dürfen: 5 € werden empfohlen.

Kant als Friedensstifter

Seine Schrift „Zum ewigen Frieden“ aus dem Jahr 1795, durch die sich Immanuel Kant zum Moralphilosophen empfiehlt, ist vielleicht die bekannteste Veröffentlichung seiner Zeit zu diesem Thema. Dr. Thomas Ebers vom Institut für angewandte Philosophie und Sozialforschung in Bonn moderierte die Diskussion am 07.04. und wies sogleich auf den Publikumserfolg dieser Schrift hin, die innerhalb Jahresfrist (1796) eine zweite Auflage erlebte.

Achtzig Personen waren gekommen, trotz des herrlichen Sonnenscheins am ersten Aprilwochenende, bei dem sich der Frühling in voller Pracht präsentierte. Damit zeigte sich das breite Interesse einer Bürgerschaft, die Kant’schen Ideen zum Frieden kennenzulernen und zu diskutieren.

Der Wunsch nach Frieden wird größer im Anblick einer möglichen Kriegsbedrohung in Europa. Die Frage nach neuen Militärstrategien steht im Raum. Hat Kant uns – nach mehr als 200 Jahren – heute noch immer etwas von Bedeutung zu sagen oder könnte er uns beratend zur Seite stehen, auch wenn sich die aktuellen Lebensverhältnisse seit damals deutlich verändert haben? Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel sind aktuelle Themen, mit denen sich Kant seinerzeit nicht in diesem Ausmaß befassen musste, auch wenn Königsberg ein Zentrum lebendigen Handels war und das Kant’sche Denken weit über Königsberg und die preußische Nation hinausführen sollte.

Ebers thematisierte die preußischen Kriege und den Baseler Frieden und hielt das Grundproblem für vergleichbar: Kriege involvieren Staaten und bedingen deren Vertretung durch Souveräne. Kant geht von einem natürlichen Kriegszustand aus und kreiert das Bild eines erstrebenswerten Zustands, einer übergeordneten und vernunftbasierten Idee als Gegenentwurf. Der ewige Frieden als eine Weiterentwicklung des Gedankens „Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf“ von Thomas Hobbes oder „Der Staat ist dem Staat ein Wolf“ und als ein Narrativ für eine mögliche Weltregierung, die sich als Zusammenschluss aller Menschen und Nationen versteht. Ebers wies auf die Voraussetzungen hin, die Kant als „Friedensmöglichmacher“ deklariert. Dazu gehört u.a. auf Kriegsvorbereitungen zu verzichten, keine Söldner einzustellen und keine stehenden Heere bereitzuhalten ebenso wie nichts Unverzeihliches zu tun und das eurozentristische Denken abzulegen, um die Souveränität von Nationen und Völkern zu garantieren.

Philosophie darf weiterdenken

Viele seiner Gedanken von vor über 200 Jahren haben unser demokratisches Grundverständnis geprägt sowie die Basis für das Völkerrecht und die Vereinten Nationen geschaffen. Für die Zukunft bietet diese Basis weiterhin ein solides Fundament. Die Basis allen Denkens und Handels bleibt dabei die Vernunft.

Schaut man sich die aktuellen Konflikte im Nahen Osten oder zwischen Russland und der Ukraine an, dann bemerkt man ebenfalls eine Kant’sche Prämisse: Frieden will erarbeitet werden. Ein Raus aus den Diskussionsschleifen, die auf einer Rückwärtsbetrachtung und auf Schuldzuweisungen beruhen, ist notwendig, denn sie helfen nicht, den Blick in eine mögliche friedliche Zukunft zu lenken. Es gilt, ein Klima zu schaffen, bei dem sich die Menschen nicht die Köpfe einschlagen wollen. Maximal eine Gruppierung wehrhafter Bürger, die zur Verteidigung – nach einem Angriff – in den Krieg ziehen, statt einer bezahlten Armee, die auf ihren Einsatz wartet, scheint hier im Sinne Kants eine passendere Verteidigungsstrategie. In Zeiten, in denen nach weiterer Aufrüstung und militärischer Einsatzstärke gerufen wird, sollten wir uns mit dieser Idee etwas intensiver auseinandersetzen. Selbst dann, wenn sich berechtigterweise die Frage nach einer angemessenen Ausbildung und Ausrüstung stellen sollte, die notwendig wäre, um gegen hoch gerüstete Aggressoren eine Chance zu haben.

Weitere Informationen zum Café Philosophique unter: https://cafe-philo.de/

Weitere Informationen zum Experten Thomas Ebers unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Ebers

Weitere Informationen zu Kant: Im ISSO BLOG zur Ausstellung

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