„Die Aufklärung heute neu denken. Ökologie, Universalismus und Demokratie“ lautete der Vortrag, den die französische Philosophin und Autorin Corine Pelluchon nun im Gewölbesaal am Florinsmarkt in Koblenz vor Studierenden und weiteren Interessierten in deutscher Sprache hielt. Organisiert hatten die Veranstaltung das Institut für sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung (IFW) der Hochschule Koblenz, die Cusanus-Hochschule für Gesellschaftsgestaltung sowie das ISSO-Institut.
Pelluchon war mit ihrem Vortrag der Einladung von Prof. Dr. Eric Mührel vom Fachbereich Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz gefolgt, der den Vortrag moderierte und in das Werk der Professorin für Philosophie mit den Schwerpunkten Moralphilosophie, Politische Philosophie und angewandte Ethik an der Gustave-Eiffel-Universität in Paris einführte. Grußworte sprachen auch Prof. Dr. Lars Hochmann, Sprecher des Senats der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung, Prof. Dr. Karl Stoffel, Präsident der Hochschule Koblenz, sowie Martin Görlitz, Vorstand der gleichnamigen Stiftung für Energie, Umwelt und Soziales. Der Vortrag hatte bereits vor zwei Jahren stattfinden sollen, musste dann aber pandemiebedingt verschoben werden. Der Aktualität des Themas tat das keinen Abbruch: Aktuelle Krisen wie Klimawandel oder den Krieg in der Ukraine verlangen es, über Aufklärung und Gegen-Aufklärung, Demokratie, Ökologie, Herrschaft und Verletzlichkeit zu sprechen. „Eine andere Welt ist möglich“, betonte Görlitz, „um die nötige Transformation anzustoßen, müssen wir uns die Frage stellen, wie wir in Zukunft leben wollen.“
Trotz der postmodernen Kritik am Universalismus der Aufklärung erklärte sich Corine Pelluchon zur Verteidigerin der Aufklärung, deren Erbe im Sinne der Rechtfertigung der Vernunft, der Emanzipation, der Menschenrechte und der Demokratie nach wie vor relevant sei. Die ökologische Krise zwinge jedoch dazu, den Gegensatz von Natur und Kultur anzuzweifeln und eine neue Aufklärung anzustreben, die eine demokratische und ökologische Gesellschaft fördere und davon ausgehe, dass die Rationalität nicht mehr dazu diene, die Natur und andere Lebewesen zu beherrschen. Die Philosophin, die derzeit als Fellow an THE NEW INSTITUTE in Hamburg tätig ist, rief zu einer ganzheitlichen Denkweise auf, bei der etwa Ernährung und Ökologie zusammen betrachtet werden. Abschließend formulierte sie Hoffnung, dass die soziale Energie der neu konfigurierten Aufklärung eine Transformation bewirken könnte: „Wir können von einem moralischen Fortschritt sprechen, getragen von einer Bewegung von mehr und mehr Menschen, die sich um Ökologie und Tierwohl kümmern.“
Der mit einer lebendigen Diskussion endende Vortrag der Günther-Anders-Preisträgerin basierte auf ihrem neuesten Buch „Das Zeitalter der Lebendigen“. Dort skizziert sie das Projekt einer neuen Aufklärung, die der Gefahr des Zusammenbruchs unserer Zivilisation begegnen soll und die sie als kritisches Hinterfragen betrachtet. Auch Inhalte ihres 2019 erschienenen Werkes „Ethik der Wertschätzung“ kamen zur Sprache. Diese und weitere Werke konnten vor Ort erworben und von der Autorin signiert werden.
Der Vortrag wurde gestreamt und ist über YouTube hier abrufbar:
Eine Buchrezension über das Zeitalter des Lebendigen finden Sie hier: