Foto: ISSO

Der 27. Januar ist seit 1996 bundesweit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet – auch weltweit wird er seit 2005 in vielen Ländern als Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust begangen.

Es ist der Tag, an dem 1945 das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit wurde. Es ist der Tag, an dem allen Menschen in der Welt der Atem stockte darüber, was dort sichtbar wurde. Es ist der Tag, an dem sich die Perfektion eines vom nationalsozialistischen Rassenwahn durchdrungenen Vernichtungswillens anhand von Opfern, Gräbern und Gaskammern zeigte. Es ist der Tag, der eine unvorstellbare Abscheulichkeit offenbarte, von der die deutsch-amerikanische Philosophin Hannah Arendt (1905–1975) in ihrem Interview mit Günter Gaus im Jahre 1964 sagte, dass sie nie hätte geschehen dürfen. Arendt spricht damit die systematische Vernichtung von inhaftierten Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen sowie behinderten und gefangen genommenen Menschen an, die in dieser Todesfabrik ihres Lebens beraubt wurden. Arendt spricht in diesem Zusammenhang von „einer Fabrikation der Leichen“.

Am 27. Januar 2024 schaut die Welt wieder auf Deutschland: Es geht darum, das Vergessen zu verhindern, der Opfer zu gedenken, die Täter als verantwortlich für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erklären und zukünftig jede Art von Verbrechen dieser Art zu verhindern. Die Bundesregierung unterstützt Veranstaltungen, die sich das Thema auf die Fahnen schreiben, um die Erinnerungskultur aktiv zu gestalten.

ISSO besuchte eine von vielen möglichen Veranstaltungen in der Region: Die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel lud in den Sitzungssaal der Verbandsgemeinde zu einer Autorenlesung mit Ernst Heimes ein. Der Saal war gut gefüllt. Die Bürgermeisterin Kathrin Laymann eröffnete die Veranstaltung. Sie stellte den Autor für die Lesung vor und lud dazu ein, im Anschluss mit diesem und miteinander über das Gehörte zu diskutieren.

Der Autor Ernst Heimes, seit vierzig Jahren als Buchhändler in Koblenz tätig, begann vor dreißig Jahren mit seinen Recherchen in seiner Heimatregion Cochem. In seinem viel beachteten Buch Ich habe immer nur den Zaun gesehen berichtete Ernst Heimes erstmals umfassend über das KZ-Außenlager Cochem und den wahnwitzigen Ausbau des Tunnels zwischen Bruttig und Treis zu einer unterirdischen Waffenfabrik.

Heimes schrieb zwischenzeitlich weitere Bücher, stellte weitere Recherchen an, blieb über Jahre im Kontakt mit Opfern von damals oder deren Angehörigen, korrespondierte mit ihnen und traf sie vor Ort. Sein Vorgehen und seine Beharrlichkeit, die regionale Geschichte aufzuspüren, Verantwortliche zu benennen und das Verschweigen zu durchbrechen, stießen nicht nur auf Freunde. Im Gegenteil: Viele Menschen, insbesondere in der kommunalen Politik, waren lange Zeit gegen ein solches Erinnern.

Mit seiner erweiterten Neuauflage des Buches Bevor das Vergessen beginnt durchbricht Ernst Heimes erneut eine Mauer des Schweigens und ergänzt weitere Ermittlungen über das KZ-Außenlager Cochem. Er wertet bisher gänzlich unbekannte Schriftstücke aus, stellt sie in ihren historischen Kontext und macht ihre Inhalte erstmals nachlesbar. Und er beleuchtet die Schicksale von Opfern, zeigt deren Lebenswege auf, spricht mit ihnen – über ihre Erlebnisse und ihre Erinnerungen.

„Mit Bevor das Vergessen beginnt habe ich aufgeschrieben, was nicht in Vergessenheit geraten darf. Ich bin sicher, meine Nachermittlungen werden den Lesern meines Buches eine ganz neue Sicht auf die Vorgänge im KZ-Außenlager Cochem im Jahr1944 und die darauf folgenden Jahrzehnte bis heute gewähren.“, so Ernst Heimes selbst zu seinem Buch.

Ernst Heimes wurde 1956 in Cochem-Cond an der Mosel geboren und ist dort aufgewachsen. Er lebt als freier Schriftsteller in Löf an der Mosel und betreibt seit 1983 die Buchhandlung Heimes in der Koblenzer Altstadt. Als Botschafter gegen das Vergessen unterstützt er auch Schulprojekte und veranstaltet Lesungen im Rahmen von Projekttagen und sonstigen Veranstaltungen.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner