Drei unterschiedliche Formate (Theaterstück, Wanderausstellung und Podiumsdiskussion) gaben Gelegenheit dazu, ein für die Demokratie notwendiges Thema wie die private oder die öffentliche Haltung unter die Lupe zu nehmen. Organisiert vom Team Wissenstransfer der Universität Koblenz bildete die Podiumsdiskussion den Abschluss dieser Trilogie.

Die Theateraufführung am 7. Dezember 2023 mit dem Titel „Abgerungen“ beleuchtete die persönliche Haltung des Pallottinerpaters Richard Henkes, der sich 1944 öffentlich gegen Euthanasie aussprach und damit sein eigenes Leben gefährdete. Eine Haltung, die das Gemeinwohl über das eigene Wohl stellte. Pater Henkes steht somit stellvertretend für eine Gruppe von Menschen, die sich – auch in Zeiten von barbarischer Verfolgung – nicht vereinnahmen ließen oder sich nicht wegduckten. Für Victor Klemperer, den Verfasser der LTI (Abkürzung für lateinisch Lingua Tertii Imperii – „Sprache des Dritten Reiches“) aus dem Jahre 1947, wäre das hier passende Wort gewesen, dass diese Menschen sich nicht „gleichschalten“ ließen. Eines der typischen NS-Wörter, deren Anwendung im Dritten Reich die perfide Absicht verfolgte, keinerlei Kritik am System aufkommen zu lassen, Demokratie zu unterbinden und Angst zu schüren.

Mit ihren zwanzig Stationen rund um die Thematik „Haltung heute“ bot die interaktive Ausstellung allen Besuchenden des Forum Confluentes im Dezember 2023 eine Möglichkeit der persönlichen Selbstreflexion. Mit Fragen wie „Wofür stehe ich ein?“, „Was gibt mir Sinn?“ oder „Wer schenkt mir Ansehen?“ wurde zum Nachdenken über das eigene Leben und die persönlichen Annahmen angeregt. Ein in viele Stücke zerbrochener Spiegel wies darauf hin, dass wir als Menschen verletzlich sind und auch mit Brüchen umgehen lernen müssen, oder aber auch darauf, dass sich jeder Mensch, jede Persönlichkeit aus vielen Facetten zusammensetzt: Niemand ist einfach oder einseitig.

„Mitmachen wollte ich nie – was bedeutet Haltung heute?“ – eine Podiumsdiskussion angelehnt an Leo Löwenthal

Die Podiumsdiskussion am 21. Dezember 2023 bildete den Abschluss der Rückbesinnung und Auseinandersetzung mit dem Thema Haltung. Angelehnt an die Lebensorientierung Leo Löwenthals, einem Literatursoziologen aus dem Institut für Sozialforschung in Frankfurt und einem Mitbegründer der Kritischen Theorie, weitete die Diskussion den Blick auf die aktuelle Bedeutung von Haltung und deren Fehlen im öffentlichen und politischen Kontext. Verschiedene Perspektiven, Standpunkte und Möglichkeiten, Haltung als zivilgesellschaftliches Engagement und Handlungsalternative in der heutigen Zeit neu zu bestimmen, wurden angesprochen und sollten diskutiert werden. Auf dem Podium saßen der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering, Pater Lenz als Vertreter der Stiftung „Haltung heute“, der Friedensforscher Thomas Carl Schwoerer und Beatrix Sieben vom ISSO-Institut Koblenz.

Moderiert durch Peter Erwin Jansen von der Hochschule Koblenz, beleuchteten die Diskutierenden unterschiedliche Aspekte von Haltung. Dabei ging es darum, wie Haltung durch persönliche Initiativen, Entscheidungen oder Dialoge im privaten oder durch Statements, Verantwortungsübernahme oder Kooperationen im öffentlichen Raum sichtbar wird oder werden könnte. Als Voraussetzung für Haltung wurden die Menschenrechte und die Würde des Menschen gesehen, denn Haltung muss sich ja auf etwas beziehen, insbesondere dann, wenn es um öffentliche und gesellschaftsrelevante Haltung geht. Einigkeit bestand darüber, dass Haltung untrennbar verknüpft ist mit dem Wirken nach außen und der Wirksamkeit, die von ihr ausstrahlt. Haltung ist somit Teil einer Kommunikation, die durch Sprache verstärkt werden kann. Neben der verbalen Sprache spielt dabei auch die Körpersprache eine große Rolle. Eine empathische Zugewandtheit Menschen gegenüber und eine Offenheit für Neues entsprechen einer kooperierenden Haltung, die von Miteinander und Akzeptanz getragen wird.

Mit einem kritischen Blick in die Welt lässt sich leicht erkennen, dass in vielen Ländern die Überwindung von Benachteiligungen, Unsicherheiten und Ängsten ein wichtiges Thema darstellt, ebenso wie die bevorzugte Berücksichtigung der eigenen Nation letztendlich überwunden werden müsste. Bildung scheint somit eine wesentliche Voraussetzung für ein Streben nach einem friedlichen Miteinander, der Akzeptanz von Vielheit und einer demokratischen Haltung. In diesem Sinne sind die aktuellen Herausforderungen vergleichbar mit denen, die Leo Löwenthal und seine Mitstreitenden aus dem Institut für Sozialforschung schon vor hundert Jahren erforscht und aufgezeigt haben. Mögen wir, wenigstens in Deutschland, aus vergangenem Unrecht und Machtmissbrauch gelernt haben, um durch die Kraft vieler starker Persönlichkeiten die Demokratie zu bewahren und zu stärken – und somit vor demonstrativen und willkürlichen Machtübergriffen zu schützen!

Zukünftige Theateraufführungen und Ausstellungen werden durch das ehrenamtliche Engagement der Stiftung „Haltung heute“ unterstützt und können für aktuelle Projekte angefragt werden. Weitere Informationen finden sich auf der Website https://haltung-heute.de/ausleihen-und-buchen/.

Weitere Informationen über das Institut für Sozialforschung finden Sie auch in unserem Blog-Beitrag „Das Café der trunkenen Philosophen“.

 

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