Die Bundesregierung hatte sich vorgenommen, der Klimaanpassung einen gesetzlichen Rahmen zu geben, die bestehende Klimaanpassungstrategie aus 2008 soll durch aktualisierte Strategien auf Bundes- und Länderebene abgelöst werden. Dazu hat der Bundestag im November das Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Wird das Gesetz dazu beitragen, dass Deutschland klimaresilient in die Zukunft geht?
Worum geht es?
Die Folgen des Klimawandels sind in Deutschland deutlich spürbar geworden. Längst sind es nicht mehr nur Pressemeldungen über neue Temperaturrekorde, die uns betreffen. Extremwetterereignisse wie die Flut im Ahrtal oder Hitzewellen im Sommer bedeuten für Menschen in Deutschland existenzielle Risiken. Selbstverständlich braucht es vor allem effektiven Klimaschutz, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Zugleich gilt es jedoch, die Resilienz von Infrastruktur und Gesellschaft zu erhöhen, um Risiken zu reduzieren und Schäden zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen zur Abkühlung in der Stadt, die Erhöhung von Deichen oder das Regenwassermanagement. Eine besondere Rolle spielt aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten dabei die regionale und lokale Ebene, auf der Maßnahmen an die örtlichen Bedürfnisse angepasst und passgenau umgesetzt werden können.
Die Bedeutung des Themas unterstreicht auch dessen prominente Platzierung im Pariser Klimaabkommen, das die Anpassung an den Klimawandel als zweites zentrales Ziel postuliert. Auch die Europäische Union hat mit ihrem Klimagesetz 2021 entsprechende Regelungen geschaffen und sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 vollständige Klimaresilienz zu erreichen. Auch in Deutschland haben bereits einige Bundesländer entsprechende Gesetze beschlossen und es sind zahlreiche Strategien und Anpassungspläne sowohl bundesweit als auch auf kommunaler Ebene im Umlauf. Einen umfassenden gesetzlichen Rahmen für die Klimaanpassung in Deutschland schafft nun erstmals das kürzlich verabschiedete Klimaanpassungsgesetz (der finale Gesetzestext ist hier im Wortlaut zu lesen). Es regelt sowohl die Pflichten des Bundes als auch der Länder zur strategischen, vorsorgenden Planung und Strategieerstellung. Auch das enthaltene Berücksichtigungsgebot rückt die Klimaanpassung in den Vordergrund von Planungsprozessen. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen wird allerdings nicht festgeschrieben. Was also steckt im Gesetz und welche konkrete Wirkung können wir uns von ihm erwarten?
Was steht im neuen Gesetz?
Als Ziel formuliert die Bundesregierung den „Schutz von Leben, Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft und Infrastruktur sowie von Natur und Ökosystemen vor negative Auswirkungen des Klimawandels“ – so sollen „gleichwertige Lebensverhältnisse bewahrt und die Zunahme sozialer Ungleichheiten verhindert“ werden. Daran also müssen sich die nachfolgend erläuterten Maßnahmen messen lassen. In deren Zentrum steht die Entwicklung einer Klimaanpassungstrategie für Deutschland, basierend auf einer umfassenden Klimarisikoanalyse. Diese Strategie soll bis 2025 vorliegen und Ziele für acht Themenbereiche (u.a. Wasser, Stadtentwicklung und Gesundheit) enthalten. Dabei sollen Lösungen mit Synergiepotenzial besonderen Vorrang genießen. Die Ziele bleiben allerdings rechtlich unverbindlich und werden alle vier Jahre lediglich nach Maßgabe des zuständigen Fachministeriums fortgeschrieben beziehungsweise um weitere Maßnahmen ergänzt. Spannend für Aktive und Bürger:innen könnte neben den Daten der Klimarisikoanalyse insbesondere sein, welche neuen Fördermöglichkeiten sich für Klimaanpassungsprojekte hieraus ergeben. Diese sind jedoch an die Verfügbarkeit von Finanzmitteln aus dem Bundeshaushalt gebunden – aktuelle politische Entwicklungen unterstreichen die potenzielle Problematik. Insgesamt wird die Strategie maßgeblich für die bundesweiten Anpassungsmaßnahmen sein, wobei es hier, ähnlich zum Klimaschutz, stark auf das Engagement der Fachministerien ankommen dürfte.
Aufgabe der Länder wird es nach dem neuen Gesetz, eigene Strategien vorzulegen, die analog zu der des Bundes die Klimaanpassung auf regionaler Ebene regeln und entsprechende Schwerpunkte setzen können. Aus diesen Strategien soll sich ein Maßnahmenkatalog ergeben. Zudem haben die Länder dafür Sorge zu tragen, dass alle Kommunen, entweder auf Ebene von Landkreisen oder Gemeinden, Klimaanpassungskonzepte erarbeiten (die Stadt Koblenz arbeitet bereits an einem solchen). Diese sollen die voraussichtliche lokale Betroffenheit von Klimawandelfolgen wie extremen Hitzelagen, extremer Dürre und Starkregen darstellen und konkret geeignete Maßnahmen und Handlungswege für die jeweilige Kommune aufzeigen. Interessant ist zudem, dass als Ziel ausgegeben wird, die Eigenvorsorge der Bürger:innen zu erhöhen – was genau das bedeutet und wie der Einzelne daran mitwirken soll, bleibt allerdings vorerst offen.
Neben den Aufgaben für Bund und Länder wird mit dem neuen Gesetz analog zu einer Regelung des Klimaschutzgesetzes zudem ein Berücksichtigungsgebot für Belange der Klimaanpassung festgelegt. Damit wird festgelegt, dass öffentliche Institutionen in ihren Planungen Klimawandelfolgen, zum Beispiel im Kontext von Infrastrukturprojekten, berücksichtigen und ihr Vorgehen daran anpassen müssen. Diese Regelung wird jedoch bereits im Folgeabsatz abgeschwächt und auch die Erfahrungen mit dem Berücksichtigungsgebot des Klimaschutzgesetzes lassen eine eher schwache Wirksamkeit erwarten: während die Regelung unter anderem Naturschutzverbänden eine gut Argumentationshilfe sein dürfte, wird sie allein zum Beispiel den Bau neuer Autobahnen kaum verhindern. Abschließend ist von besonderem Interesse, wie der Gesetzgeber festlegt, dass aus dem Gesetz weder subjektive Rechte noch eine Klagebefugnis abgeleitet werden können. Eine gleich lautende Regelung, ebenfalls aus dem Klimaschutzgesetz, hatte erst vor wenigen Tagen nicht ausgereicht, um den Erfolg einer Verbandsklage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu vermeiden. Wie dies die künftige Anwendung beides Gesetze und mögliche Klagen beeinflussen wird, ist noch unklar.
In der Kritik zum neuen Gesetz steht die noch unklare Finanzierung im Vordergrund. Im Bundesrat verwiesen die Länder diesbezüglich auf erhebliche Aufwendungen, die insbesondere für finanzschwache Kommunen kaum zu leisten seien. Der Bund stellt zur Lösung des Problems zwar Fördermittel in Aussicht, kann die Kosten aus verwaltungsrechtlichen Gründen jedoch nicht direkt übernehmen. Eine deutlich nachhaltigere Lösung wäre die Aufnahme von Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, was eine gemeinsame Finanzierung erlauben würde. Diese Variante wird derzeit geprüft, würde jedoch eine Grundgesetzänderung erfordern. Weiterhin bemängeln zahlreiche Akteure den entstehenden bürokratischen Aufwand durch die Erstellung von Strategien und Konzepten, deren Wirksamkeit unklar sei. Wie man diese Kritik bewertet, hängt entscheidend von der künftigen Implementation der zu planenden Maßnahmen ab: werden diese nicht umgesetzt, sind tatsächlich alle Strategien unnütz. Geht es allerdings, wie absehbar ist, in die Umsetzung, dürfte eine gute Planung von Politik und Verwaltung bessere Resultate hervorbringen. Positiv zu bewerten ist, dass im Gesetz regelmäßige Updates vorgesehen sind.
Insgesamt ist zu begrüßen, dass die Klimaanpassung Gesetzesrang erhält und eine Strukturierung erfährt. Ob das Klimaanpassungsgesetz geeignet ist, dazu beizutragen, dass Deutschland die Resilienz-Ziele der Europäischen Union erfüllen wird, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. In jedem Fall wird es dazu neben eines Rahmens vor allem konkrete Maßnahmen und Regelungen in politischen und rechtlichen Fachbereichen brauchen.
Wie geht es weiter?
Am 15.12.2023 berät der Bundesrat noch einmal über das Gesetz. Dieser könnte zwar noch Einspruch erheben, da es sich allerdings nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, dürfte dies keine größere Hürde für das Gesetz darstellen. Der erste Meilenstein in der Implementation des neuen Gesetzes wird dann das Erscheinen der Klimaanpassungstrategie im nächsten oder übernächsten Jahr sein. Parallel dazu laufen zahlreiche Initiativen, insbesondere in den Kommunen bereits und auch im Fachrecht – vor allem im Baugesetzbuch finden sich immer mehr Regelungen zum klimaangepassten Vorgehen; ein weiterer Zuwachs durch Gesetzesänderungen und neue Gerichtsurteile scheint auch hier sicher.
Bilder: canva.com