Sorge- oder Pflegearbeit – seit den 1990er-Jahren auch vermehrt „Care-Arbeit“ genannt – ist ein wesentlicher Bestandteil einer modernen demokratischen Gesellschaft. Sie deckt grundlegende Bedürfnisse der Bevölkerung ab und bildet eine zentrale Basis des Zusammenlebens. Care-Arbeit leistet unschätzbare Dienste in den Bereichen Kinderbetreuung, Altenpflege und Fürsorge gegenüber Angehörigen im Familien- und Freundeskreis. Es ist seit Langem bekannt, dass diese Arbeit nicht oder oftmals nicht ausreichend anerkannt, honoriert oder bezahlt wird. Der Fachtag Demokratie am 3. November 2023, organisiert durch das Transferteam der Universität Koblenz, hat sich dieses Themas angenommen und betrachtet die Sorge in der Demokratie als eine Sorge um die Demokratie.

Care-Arbeit wird zunehmend sogar als ein regelrechter Grundpfeiler der Demokratie angesehen, denn es geht bei ihren Tätigkeiten um Fragen der Teilhabe, der sozialen Gerechtigkeit, der Chancengleichheit und der Gleichberechtigung. Es geht aber auch um Demokratiebildung, die bereits mit der Kinderbetreuung – Stichwort „Partizipation im Kindergarten“ – beginnt: Hier werden die Ideen eines demokratischen Miteinanders sowie Akzeptanz und Wertschätzung für Menschen mit Behinderung oder anderer Ethnien vermittelt. Und es geht um Autonomie und Partizipation, die bis ins hohe Alter ermöglicht werden sollen.

Angelehnt an Gedanken der Schriftstellerin Marlene Streeruwitz, steht einem Kosmos der Pflege ein Kosmos des Öffentlichen gegenüber. Es spiegeln sich Ungerechtigkeiten und Machtverhältnisse: Frauen werden benachteiligt, aber auch grundsätzlich soziale Tätigkeiten. Sorgende und Sorgeberechtigte haben keine Stimme, sie stehen im Schatten und erfahren keine ausreichende Anerkennung. Spätestens seit der Coronapandemie ist dieser Zustand in die Öffentlichkeit gedrungen.

Der Fachtag aktivierte Teilnehmende aus der Koblenzer Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um unterschiedliche Sichtweisen und den Status quo zum Thema Sorgearbeit für die Region kennenzulernen. Neben Impulsvorträgen wurde miteinander diskutiert und über denkbare neue Wege reflektiert. Die Teilnehmenden stellten sich unterschiedliche Fragen: Gibt es eine Menschlichkeit ohne Funktionalisierung? Welche Haltung braucht es in unserer Gesellschaft für Pflege und Sorge? Wie beeinflusst Ungleichheit eine demokratische Teilhabe? Welche wirtschaftlichen Belange spielen eine Rolle?

Gefördert durch die Partnerschaft für Demokratie Koblenz im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und durch das Kultur- und Schulverwaltungsamt der Stadt Koblenz wurde der Fachtag fächerübergreifend ausgerichtet durch die Bereiche Philologie/Kulturwissenschaften und Bildungswissenschaften der Universität Koblenz.

Im Podium diskutierten die Koblenzer Kulturdezernentin Margit Theis-Scholz, Beatrix Sieben vom ISSO-Institut und Prof. Wolf-Andreas Liebert für den Fachbereich Philologie/Kulturwissenschaften.

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