René Böll zu Gast im Koblenzer Kunstverein

Am 25.08.2023 eröffneten Angelika Kallenbach und Elias Maya die eindrucksvolle Ausstellung des namhaften Künstlers René Böll in den Räumlichkeiten des Koblenzer Kunstvereins e.V. Das Vorstandsteam begrüßte den Sohn von Heinrich Böll, einem der bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit, zur Eröffnung persönlich.

„Man muss viel reisen, um dieses Grün und dieses Gelb und dieses Rot zu sehen – aber es existiert“, so kommentiert Andreas Schäfer das breite Farbenspektrum der Bilder von René Böll. Farben, die Geschichten erzählen. Geschichten von Abwesenheit. So beschreibt es der Ausstellungskatalog aus dem Jahre 2016: Die Ausstellung „Finsheen –ein Dorf verschwand. Epitaph.“ nimmt die Spuren der verschwundenen Menschen auf, die einmal in ein Dorf mit zwölf Häusern nahe Dugort auf Achill Island in Irland gehört hatten. Die Bilder greifen die melancholische Stimmung auf. Sie erzählen eine nahezu unsichtbare Geschichte. Es gibt darüber keinerlei Berichterstattung, keine Quellen. Ein Lost Place, der fast nicht mehr zu sehen ist, nur durch Steine und Ansammlungen von Materialien auffindbar bleibt. Orte dieser Art bilden sich einfach zurück, sie werden wieder zu Natur. Die Bilder von René Böll deuten das wenig Erkennbare an und weisen darauf hin, dass Wesentliches fehlt. Neben den Menschen, dem Dorf und den Gräbern fehlt auch deren Geschichte. Es fehlen auch die Namen auf den Gräbern. René Böll schreibt diese Geschichte neu: durch seine Bilder, in die er die Abwesenheit mit hineinwebt.

René Böll

Es gibt keine Nachweise – bis auf Landkarten aus dem 19. Jahrhundert –, keine Dokumente, die aufzeigen, was genau geschehen ist. Für die Gründe des Verschwindens gibt es mancherlei Überlegungen, wie wir aus dem Interview, dass Angelika Kallenbach mit René Böll geführt hat, erfahren. Die große Hungersnot in Irland im Jahre 1845, ausgelöst durch die Kartoffelpest, ist die wahrscheinlichste Erklärung. Sie hatte zur Folge, dass über eine Million Menschen verhungerten und mehr als drei Millionen Menschen ihr Heimatland verlassen mussten, um meist in Amerika, Kanada oder Neuseeland ihr pures Überleben zu sichern oder auch ihr Glück zu machen. Noch vorhandene Nahrungsmittel wie Getreide wurden von Großbritannien eingefordert und an die Kolonien weitergereicht. Den Iren blieb wenig, außer – spürbar bis heute – ihrem starken Willen zu überleben. Die Not muss unvorstellbar grausam gewesen sein. Viele irische Autoren haben diese Thematik aufgegriffen und für uns literarisch festgehalten. Das Farbenspiel der Böll’schen Bilder transportiert diese Gefühlswelten von Hoffnungslosigkeit und Not in bemerkenswerter Weise. Der Schmerz scheint durch die Farben hindurch. Die Traurigkeit berührt die Betrachtenden. Kennt man diese Hintergründe, dann lösen die Bilder eine starke empathische Reaktion aus. Das ist es, was der Künstler beabsichtigte: Die Bilder setzen den Menschen, die dort lebten und starben, ein Denkmal.

Irland ist heute noch ein Flüchtlingsland. Wenige Familien konnten sich dieses Schicksals entziehen. Dörfer und Menschen verschwanden oder Familien wurden in alle Winde zerstreut. Ihre Wege führten in viele Kontinente und Länder. Manche schrieben dort Erfolgsgeschichten. Auch US-Präsidenten sind dabei. Darüber berichtet das Dubliner Epic Museum und liefert ein umfassendes, schicksalhaftes, doch auch optimistisches Bild der Iren und ihrer Kultur. Und folgt man den Spuren, egal wo sie unterwegs sind, dann hinterlassen sie mit traurigen Balladen, feurigen Tänzen, Bieren, Whiskey und Irish Lamb bzw. Irish Stew überall auch ihren kulturellen Fußabdruck!

René Böll: Finsheen – Ein Dorf verschwand. Epitaph.

Ausstellungsdauer noch bis zum 13.09.2023

Öffnungszeiten Mi. bis Fr. 15.00 bis 18.30 Uhr, Sa. 11.00 bis 14.00 Uhr u.n.V. und in der Nacht der Museen am 02.09.2023 bis Mitternacht

Koblenzer Kunstverein e.V., Altenhof 13, 56068 Koblenz

Das Atelier ist nachmittags geöffnet und anlässlich der Nacht der Museen in Koblenz.

https://www.koblenzer-kunstverein.org/

Literatur:

Böll, René (2016): Finsheen – ein Dorf verschwand. Epitaph. Katalog zur Ausstellung des Solinger Kunstvereins

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