Wer stört sich heute in Deutschland daran, wenn Frauen oder Mädchen Hosen tragen? Zu Beginn des 20.Jahrhunderts sah das noch deutlich anders aus. Doch unbeachtet von Freiheitsgefühlen, Eigensinn oder Kleiderstil traf Maria Einsmann die Entscheidung für Hose und Jackett aus Gründen der Vernunft und Existenzsicherung. Es galt, eine Familie zu ernähren.
Die Filmemacherin Barbara Trottnow stellt die Mainzerin Maria alias Joseph Einsmann und ihre Verhältnisse in einer 29min. Dokumentation vor. Der Dokumentarfilm beleuchtet die damaligen Zeiten und sozial-politischen Umstände und wirft Fragen auf, die erstaunlicherweise immer noch aktuell sind.
Dazu gehört auch, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt 19 % weniger verdienen als fachlich gleich qualifizierte Männer (Stand 2019) und ihre Einkommensverluste immer noch viel häufiger hinnehmen als Männer, wenn es um Familienplanung und Kinderbetreuung geht.
Blicken wir mit Interesse einhundert Jahre zurück und überlegen wir beim Anblick einer kreativen Lebensentscheidung der Maria Einsmann, wie wir als Frauen in diesem und dem kommenden Jahrhundert leben wollen. Welche Forderungen sollten wir an unsere politischen Vertreter:innen dieser Tage stellen, damit die Gleichstellung von Frau und Mann weiter vorangeht, und wir leben, was das Grundgesetz mit seinem Gleichheitsgrundsatz längst vorsieht.
Die von der Friedrich-Ebert-Stiftung am 19.01.22 organisierte Diskussionsrunde mit Sebastian Hebeisen als einem Quotenmann und Vertreter des DGB Region Koblenz, der Bildungs- und Kulturdezernentin Margit Theis-Scholz sowie der Filmemacherin Barbara Trottnow wurde von Beatrix Sieben aus dem ISSO-Institut moderiert. „Die Stimme erheben, strukturelle Missstände aufdecken, ansprechen und auflösen, weitermachen und um Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit kämpfen“ das könnte ein gemeinsames Credo aus dieser Diskussionsrunde sein.
Der dreißigminütige Dokumentarfilm ist ein gelungener Türöffner. Eine Diskussion über die Errungenschaften aus hundert Jahren und ein zeitaktuelles Fazit demonstriert damals wie heute, dass es auch auf den Mut einzelner Frauen, eine selbstbewusste Haltung und auf kreative Lebenslösungen ankommen wird.
Maria Einsmann steht dabei stellvertretend für andere starke Frauen. Frauen, die erkennbar unerschrocken Gegebenheiten und Missstände anprangern. Das Leben ist eben kein Ponyhof, wie uns ein etwas fragwürdiger Ausspruch vor Augen führt. Es läuft längst nicht alles glatt. Es bietet täglich neuen Gestaltungsraum, und Frauen wie Männer können dabei eine aktive Rolle einnehmen, unsere sozio-kulturellen Prägungen über Bord zu werfen und neue Wege zu gehen. Im Kontext von Arbeit und von Beziehungen braucht es dafür kreative Lösungen und den Mut, etwas Neues auszuprobieren.
Der Dokumentarfilm Frau Vater eignet sich für Veranstaltungen aller Art, wenn es um Gleichstellung, New Work und Lebensentwürfe geht. Nach Maria Einsmann wurde in Mainz nun ein Platz benannt, und es ist Barbara Trottnow dafür zu danken, dass die Mainzer Lebensgeschichte dieser starken Frau nun bekannter wird. Weitere Veranstaltungen finden auch über die Friedrich-Ebert-Stiftung statt, die den Film auch für eigene Konzepte zur Verfügung stellt. Für wenig Geld steht der Film auf der digitalen Plattform vimeo bereit.
Weitere Informationen zur vergangenen Veranstaltung finden Sie im Flyer oder hier im Trailer.