Verena Breitbach und Prof. Dr. Hermann Brandenburg
Was hat Sie motiviert dieses Buch zu schreiben?
Als der 1. Lockdown bedingt durch die Corona-Pandemie in Deutschland im März 2020 beschlossen wurde sahen wir die Chance der Stunde für die Themen der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) und haben als Pressestelle und Prodekan Pflegewissenschaft Impulse aus dem Haus lanciert und weit verbreitet um aufzuzeigen, dass unsere Themen: Pflegewissenschaft, Theologie und Philosophie einen starken Beitrag während der Pandemie leisten können. Es ist wichtig die Pandemie nicht nur aus einer Sicht, etwa die der Virologen zu betrachten, sondern gesamtgesellschaftlich. Und so haben wir uns entschieden diese Inhalte um weitere wissenschaftliche Analysen – etwa der Ethnologie und der Soziologie – zu ergänzen und dies als Buch herauszugeben.
Ist das Buch auch noch relevant, wenn wir die Corona-Pandemie überwunden haben?
Auf jeden Fall! Jeder einzelne der wertvollen Autorenbeiträge liefert Anhaltspunkte was anders gedacht und gemacht werden kann in Zukunft und wie diese besondere und herausfordernde Zeit analysiert werden kann.
Welche gesellschaftlichen Änderungen braucht es, um Pflege im 21. Jahrhundert sicherzustellen?
– eine gerechtere Bezahlung des Pflegeberufs (mit der aktuellen Regelung im Hinblick auf die Tarifierung ist zumindest ein erster Schritt erfolgt). Aber noch immer verdient ein DAX-Vorstand 200-300 mal mehr als eine durchschnittlich bezahlte Altenpflegerin. Der Hinweis, dass eine Neiddebatte hier nicht wirklich weiterführend sei, ist nicht belastbar. Denn dieser Skandal muss immer wieder neu ins Bewusstsein gerückt werden.
– eine stärkere gesellschaftliche Anerkennung des Pflegeberufs; hier ist auch eine deutlichere Politisierung der Debatte notwendig, auch in Richtung einer care policy. Wenn man ehrlich ist, dann gibt es drei Blockaden. Das eine ist der sog. Kunde, der wenig oder gar nichts bezahlen möchte. Daher haben auch breite Teile unserer Bevölkerung offensichtlich kein Problem mit neo-kolonialen Ausbeutungsverhältnissen, über die wir bei der häuslichen Pflege wegsehen. An zweiter Stelle ist der Pflegeberuf selbst zu nennen, der viel zu schwach organisiert ist und keine echte politische Lobby hat. Und drittens ist die Halbherzigkeit der Politik zu nennen, die im Grunde als Resonanzbogen einer z.T. wenig informierten Öffentlichkeit agiert.