Wie Nachhaltigkeit gelebt werden kann

Neue kulturelle Praktiken befördern die nachhaltige Entwicklung

Buchrezension

 

Kleidertauschbörsen, Repair Cafés oder das gemeinsame „Mülltauchen“, also das „Retten“ von Lebensmitteln aus dem Abfall sind nur drei Beispiel dafür, wie sich Menschen gegenwärtig in Gemeinschaften neu organisieren und neue kulturelle Praktiken entwickeln. Dabei geht es insbesondere um Praktiken des Tauschens, des Teilens, des gemeinsamen Nutzens, des Selbermachens und des Reparierens, die sich derzeit neben der einfachen Abfolge von Produktion, Konsum und Verwertung zunehmend etablieren. So können Kleider durch Tauschbörsen vielfach wieder „konsumiert“ werden, wodurch sich nicht nur die Nutzungsdauer verlängert, sondern auch Ressourcen geschont werden.

Viele dieser noch neuen kulturellen Praktiken resultieren aus ökologischen und ökonomischen Notwendigkeiten – oftmals sind sie aber auch Protest gegen etablierte Denk- und Handlungsmuster. Entscheidend dafür sei, so die These der Kieler Kulturanthropologin Maria Grewe, ob Menschen davon ausgehen, dass sie in einer Gesellschaft des Überflusses oder der Knappheit leben. Denn wer davon ausgeht, dass Lebensmittel oder natürliche Ressourcen knapp sind, wertschätzt diese auf andere Weise. Dabei zeigt sich: Durch das Tauschen von Kleidung oder das Teilen von Lebensmitteln entstehen auch neue Gemeinschaften, in denen sich die neuen Handlungsmuster gesellschaftlich etablieren.

Die sich verändernden kulturellen Praktiken sind dabei auch Ausdruck von neuen Lebensstilen und Selbstverständnissen. Etablierte Umgangsweisen einer Konsum- und Wohlstandsgesellschaft, in der es nicht nur um die Befriedigung von Bedarfen, sondern oftmals eher um Luxusbedürfnisse geht, werden kritisch hinterfragt. Grewe kann in ihrem Buch so auch zeigen, wie sich das Konzept einer Großen Transformation, das durch den Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen bereits 2011 eingeführt wurde, im Alltag bereits durch vielfältige kleine Transformationen verwirklicht, die so zu einem kulturellen Wandel im Sinne der Nachhaltigkeit beitragen.

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